Würzburg: Nicht genug Beratungsangebot für traumatisierte Geflüchtete
„Es gibt zu wenige Beratungs- und Therapieangebote für traumatisierte Geflüchtete!“ Das haben die Caritas Migrations- und Flüchtlingsberatungsstelle Unterfranken und der Flüchtlingsrat in Würzburg erklärt. Beide fordern, dass die Angebote schnellstmöglich ausgebaut werden. Hintergrund ist die Messerattacke in Würzburg vom Freitag. Täter ist ein 24-jähriger Somalier, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt. Im Raum steht unter anderem eine psychische Belastung des Mannes als Auslöser.
Gefährliche Reise, fremdes Land und fremde Sprache:
Viele Geflüchtete kämpften nach ihrer Einreise nach Deutschland mit der neuen Situation. Thomas Kipple von der Caritas Migrations- und Flüchtlingsberatung Unterfranken nennt neben traumatischen Erlebnissen im Heimatland und auf der Flucht auch die fremde Sprache und die Angst um zurückgebliebene Familienmitglieder als Beispiele. Auch sei die beengte Unterbringung in den Unterkünften ein Problem. Einige Geflüchtete würden dann depressiv, andere aggressiv. Letzteres betreffe fünf bis zehn Prozent der Traumatisierten. Kleinigkeiten, wie ein Streit mit anderen Bewohnern oder eine schlechte Nachricht vom Amt, könnte die Betroffenen zum Austicken bringen und dann Folgen wie in Würzburg haben. Erst, wenn Taten – etwas das Verletzen anderer Menschen – angekündigt würden, dürften Behörden eingreifen und eine Zwangseinweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus veranlassen.
Zugang zu Therapie schwierig:
Dominique Schmitt, Psychologe des Würzburger Flüchtlingsrates, betont, dass Therapie für Geflüchtete wichtig ist und bisher gute Ergebnisse erzielt seien. Der Zugang dazu ist laut Schmitt aber schwierig, vor allem die fremde Sprache, aber auch die Finanzierung stellten eine Barriere da. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bekommen demnach eine multimodale Therapie mit einem Arzt und einem Psychotherapeuten. So könne mit Medikamenten und verhaltenstherapeutisch an dem Trauma gearbeitet werden. Hinzugezogen wird ein Dolmetscher. Solch ein Dolmetscher wird von den Krankenkassen für erwachsene Geflüchtete und deren Familien nicht bezahlt. Teilweise müssten Kinder, die deutsch verstehen, dann die Therapiegespräche der Eltern übersetzen. Das sei für alle Beteiligten belastend.
So läuft die Therapie ab:
„Man kann nur das loswerden, was man festhalten kann.“ Das ist laut Schmitt am Anfang einer Therapie das Motto. So gelte es zunächst ein Wort für das Problem zu finden, eine Diagnose zu stellen und diese zu erklären. Danach gehe es darum, den Alltag zu stabilisieren, auch Schlafstörungen in den Griff zu kriegen. Gibt es eine Perspektive für die Zukunft, werde das Trauma angeschaut. Geflüchtete schrieben dann das Erlebte auf und würden es auch vortragen. Später könne es sprichwörtlich in eine Schublade gelegt werden.
Generell schwierig an Therapie zu kommen:
Generell ist die Nachfrage nach Therapieplätzen laut den Experten auch bei Nicht-Geflüchteten hoch, das Angebot dafür aber viel zu klein. Thomas Kipple von der Caritas Migrations- und Flüchtlingsberatung Unterfranken fordert den Staat auf für die Therapie von Geflüchteten Geld in die Hand zu nehmen. In der Gemeinschaftsunterkunft in der Veitshöchheimer Straße sei nur eine von zwei Stellen vollbesetzt. Die Mitarbeiter seien mit bürokratischen Aufgaben so ausgelastet, dass psychische Probleme kaum aufgefangen werden könnten. Dominique Schmitt verlangt die Therapie-Ressourcen für Geflüchtete generell deutlich aufzustocken.